VON ANJA WOLLSCHLÄGER

Artur Wilhelm ist 11 und er bastelt geschickt Osterhasendekoration aus bunter Pappe. Er hat gerade Osterferien. Auf der Ferienfreizeit der Evangelischen Kirchengemeinde Hilgen-Neuenhaus in Wermelskirchen fällt er trotzdem sofort als ein besonderer Helfer auf. Sein Namensschild ist zweisprachig: „Das „p“ ist auf Russisch ein „r“ und das „y“ ist ein ,u’“ erklärt er den kyrillischen Schriftzug „Aptyp“, der Artur bedeutet.

Seit Montag ist Artur als Übersetzer eingesprungen. Dabei hatte er als Teilnehmer gar nicht damit gerechnet, plötzlich eine der wichtigsten Rollen auf der Freizeit zu spielen. Zwischen sechs und zehn geflüchtete Kinder aus der Ukraine sind täglich bei der Ferienfreizeit dabei, spielen Fußball, singen und frühstücken mit den anderen Kindern. Im Abschlusskreis sagt jedes Kind, was ihm oder ihr gut gefallen hat. Dann ist Artur besonders gefragt und übersetzt – zuerst die Frage und dann die Antwort. Jedesmal, wenn die Kinder von ihm angesprochen werden, lächeln sie. Das überrascht den Burscheider nicht, denn er sagt: „Als ich geboren wurde, wurde mit mir zu Hause nur russisch gesprochen und als ich dann in den Kindergarten auf der Schützeneich in Burscheid gekommen bin, war es total schwer für mich am Anfang.“ Weil die meisten ukrainischen Kinder auch Russisch verstehen, sei die Verständigung kein Problem, sagt Artur.

Zu Hause erlebt seine Familie den Schüler der 6b am Werner-Heisenberg-Gymnasium in Leverkusen nun ganz anders. Artur sagt: „ich bin abends schon müde“. Aber er setzt auch gleich dazu: „ich bin froh, dass ich helfen kann, weil die Kinder so viel durchgemacht haben.“ Ganz spontan hat er am ersten Tag der Freizeit gemerkt, dass er mit seinen russisch-Kenntnissen viel für die geflüchteten Kinder tun kann. Er sagt: „Meine Familie ist stolz auf mich.“

Dabei ist das Übersetzen manchmal auch ganz schön anstrengend. Gebetstexte hat Artur bis Montag noch nie übersetzt und überhaupt müsse er beim Dolmetschen viel öfter überlegen, was das richtige Wort auf Russisch ist. Freies sprechen fällt ihm dagegen gar nicht schwer.

Zehn Stunden lang bietet die Evangelische Kirchengemeinde Hilgen-Neuenhaus im bis Donnerstag täglich ihr Ferienprogramm „Gut behütet“ an. Rund 50 Kinder nehmen dieses Jahr teil.

Das Dolmetschen im Stephanus-Gemeindezentrum übernimmt neben Artur noch ein weiterer Junge. Die Freizeit organisiert Dorothea Hoffrogge für die Gemeinde. Sie steht auch für die Initiative Willkommen in Wermelskirchen und als Mathelehrerin von Artur kann sie auch schnell erklären, was eine „IVK“ ist: eine internationale Vorbereitungsklasse. Die erwartet Artur nämlich nach den Osterferien an der Schule in Leverkusen. Und da möchte er dann auch gerne weiter helfen.

Beitragsfoto: Artur und Freizeit-Teamerin Lena genießen die Zeit beim Basteln am späten Nachmittag. Den ganzen Tag über hat Artur als Übersetzer geflüchteten Kindern aus der Ukraine die Teilnahme an der Ferienfreizeit erleichtert